Hambacher Schloss

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    Drei Fragen an die TeilnehmerInnen der Genug-ist-Genug-Demonstration am 28.5.2023 in Neustadt-Hambach

    1. Wissen Sie, dass Wolfgang Kochanek seine Reden oft mit Halbwahrheiten schmückt? So hat er am 27.3.2023 auf Youtube behauptet, im Standort Ludwigshafen der BASF würde „nichts mehr investiert“. Diese „fake news“ passt in sein Mantra vom Untergang der deutschen Industrie und der Flucht „aller Unternehmer“ aus Deutschland. Aber die Behauptung ist schlicht gelogen: Die BASF investiert auch in Zukunft jährlich die nicht unbeträchtliche Summe von zwei Milliarden Euro in das Werk Ludwigshafen.

    2. Und wie gefällt ihnen eigentlich die verrohte und diskriminierende Sprache von Herrn Kochanek? „Wir werden die, die nur Wertschöpfung konsumieren, wie diese ganzen Parteisoldaten und dieses ganze Zeug, was man nicht braucht, um eine Gesellschaft am Leben zu halten, die wird man demnächst entsorgen, zumindest große Teile davon, und wird das übrig behalten, was man essentiell braucht, und das ist eben ein Bruchteil von dem.“ (Wolfgang Kochanek am 21.6.2022). Oder: „Die einen wollen selbstbestimmt arbeiten und die anderen sind abhängig, etwa die NGOs, die Parteien. Die sammeln sich hinter der Standarte des Staates, um zu überleben. Denn selbst für eine Arbeit am Fließband beim Daimler taugen sie nicht. Diese Leute sind nicht wertschöpfend, können sich nicht selbst ernähren, es sind Schwärme von Nichtstuern, es sind Menschen, die zu nichts zu gebrauchen sind. Was sollen wir mit denen machen? Wir können sie ja nicht erschießen!“ (Kochanek am 27.3.2023). Vielleicht sind Sie ja selbst im Öffentlichen Dienst beschäftigt. Dann könnten Sie auch unter das „Pack“ und die „Nichtstuer“ fallen, die Kochanek „entsorgen“ will.
    3. Wissen Sie, wen Kochanek als neuen Bündnispartner auf die heutige Kundgebung und Demonstration als Gast eingeladen hat? Markus Krall! Noch nie gehört? Dann wird es Zeit, dass Sie sich mit ihm beschäftigen. Markus Krall fordert ein Klassenwahlrecht: Nur wer keine Transferleistungen vom Staat erhält (Kindergeld, BAföG, Bürgergeld, Grundsicherung bei der Rente etc.) soll wählen dürfen. Weiter fordert er die Einführung eines Wahlkönigtums, wobei er auch eine Erbmonarchie nicht ausschließt. Der „König von Deutschland“ soll über weitgehende Veto-Rechte gegen alle Entscheidungen des Parlaments verfügen. Die maximal 200 Abgeordnete dürfen keiner Partei angehören und erhalten keine Diäten. Das sieht nach einem Pseudo-Rumpf-Parlament für die Reichen aus, wie es im Kaiserreich existierte. Krall schließt in der Erreichung seiner Ziele die Anwendung von Gewalt nicht aus. Er propagiert eine „bürgerliche Revolution“ und zitiert gerne Thomas Jefferson (Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika in den Jahren 1801-1809): „Der Baum der Freiheit muss von Zeit zu Zeit mit dem Blut von Patrioten und der Tyrannen begossen werden. Dies ist der Freiheit natürlicher Dünger.“ Mit einer Verteidigung des Grundgesetzes, für das Sie sich vielleicht einsetzen, hat dies rein gar nichts zu tun.

    Wer Kritik an den Verhältnissen im Lande hat,
    sollte nicht hinter Antidemokraten und Rechtsextremisten herlaufen!

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    Ist das Demokratiefest gescheitert?

    Ja, und zwar mit Ansage. Das Hambacher Fest wurde von Anfang an von demokratiemüden Impfskeptiker*innen, demokratiefernen Verschwörungsgläubigen, demokratiefeindlichen Rechtsextremist*innen und einer Masse an Mitläufer*innen dominiert, instrumentalisiert und bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Nun scheint das Hambacher Demokratiefest in einer Reihe an rechten Erfolgen, symbolträchtige Orte der Demokratie zu okkupieren, zu stehen. Dies hätte nicht geschehen dürfen. Friedlich und fröhlich? Bereits gegen 11 Uhr sammelten sich die ersten Demokratiefeinde am Marktplatz, um in Gruppen zu Hunderten zum Schloss zu marschieren. Dabei trugen sie zum Teil rechtsextreme Symbolik, Trommeln und Banner. Dieser Zug sammelte sich auf dem Wendehammer unterhalb des Hambacher Schlosses, wo sie zunächst von der Polizei am Weiterlaufen gehindert wurden. Bereits zu diesem Zeitpunkt wurden keine regulären Festbesucher*innen mehr auf das Schloss gelassen. Schlussendlich wurden doch 3000 Weißgekleidete aufs Schlossgelände gelassen. Als Folge wurde das offizielle Programm am Schloss abgebrochen. Einige Standbetreuer*innen und Mitbürger*innen mussten das Schloss unter Polizeischutz verlassen. Zwar spricht die Stadt in einer Pressemitteilung von einem „friedlich-fröhliche[n]Samstag“. Dennoch feiern die Organisator*innen der nicht genehmigten Versammlung die „Erstürmung des Hambacher Schlosses“ als Erfolg. Viele Besucher*innen und Anwohner*innen erlebten das massive Auftreten der weißgewandeten Gruppen als bedrohlich und einschüchternd. Scheitern mit Ansage? Doch wie konnte es dazu kommen? Hätten es die Organisator*innen besser wissen müssen? Waren zu wenige Polizist*innen vor Ort? Waren Sie (auf dem rechten Auge) blind. Haben Sie es nicht ernst genommen? Das Regionale Bündnis gegen Rechts Neustadt hatte die Veranstalter*innen im Vorfeld über Ausmaß und Ziele der weißen Wanderer*innen wiederholt informiert. Jedoch wird in einer Pressemitteilung von Stadtverwaltung und Polizei in Bezug auf die nicht angemeldete Versammlungen von den weißen Wander*innen von gelebter Demokratie gesprochen. Angesichts der Ereignisse bräuchte es allerdings eher eine wehrhafte Demokratie, die es schafft, das Hambacher Schloss als Symbol von Demokratie und Pressefreiheit tatsächlich zu schützen. Wir fordern eine lückenlose Aufarbeitung der Vorfälle. Insbesondere warum zahlreiche Warnungen des Bündnisses gegen Rechts, welches schon Monate im Voraus über die Pläne der Spaziergänger*innen informiert war, weitestgehend übergangen wurden. Wenn das Demokratiefest lediglich dazu dient eine Plattform für Feinde der Demokratie zu bieten, darf es nicht noch einmal stattfinden! Gezeichnet am 30.5.2022: Regionales Bündnis gegen Rechts Neustadt Gedenkstätte für NS-Opfer in Neustadt e.V. DGB Stadtverband Neustadt OAT Weinstraße – Offener antifaschistischer Treff Omas gegen Rechts Kandel Dieser Offene Brief wird unterstützt von: Juso Landesvorstand Rheinland Pfalz Juso Unterbezirk Vorder- und Südpfalz Eckpunkt Speyer
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    Max Otte nach AfD-Engagement aus der CDU ausgeschlossen

    Welt.de vom 04.08.2022
    Im Februar hatte sich der ehemalige Vorsitzende der Werte-Union Max Otte von der AfD als Kandidat für die Bundespräsidentenwahl aufstellen lassen. Ein Problem sah der Ökonom darin nicht. Nun zog die CDU Konsequenzen.
    Der frühere Vorsitzende der erzkonservativen Werte-Union, Max Otte, ist aus der CDU ausgeschlossen worden. Das CDU-Kreisparteigericht Köln sei dem Antrag des CDU-Bundesvorstandes „wegen parteischädigenden Verhaltens“ gefolgt, teilte die CDU Köln am Mittwoch in Düsseldorf mit. Da Otte bis zum Ablauf der Frist am 1. August keinen Einspruch erhoben habe, sei er „nun rechtskräftig nicht mehr Mitglied der CDU“. Die Kölner CDU begrüße die Entscheidung des Kreisparteigerichts, weil diese „sehr deutlich bekräftigt, dass jedwede Art der Kooperation mit der AfD gegen die Grundsätze der CDU verstößt und parteirechtliche Konsequenzen nach sich zieht“. Das Ausschlussverfahren war angestrengt worden, nachdem der 57-jährige Wirtschaftsprofessor Mitte Februar auf Vorschlag der AfD für das Amt des Bundespräsidenten kandidiert hatte. Otte gehörte der CDU gut 30 Jahre lang an. Bereits im April hatte er während des laufenden Verfahrens angekündigt, sich nicht gegen einen Rauswurf zu wehren. Den Vorsitz bei der Werte-Union, die keine offizielle Vereinigung der CDU ist, sich aber als „konservative Basisbewegung“ in der Union sieht, hatte er schon Ende Januar niedergelegt. Der Kölner CDU-Chef Bernd Petelkau sagte, Otte habe durch sein Verhalten erheblich gegen die Grundsätze und die Werte der Partei verstoßen. „Ich bin froh, dass das Kreisparteigericht diesen schwerwiegenden Fall von parteischädlichem Verhalten mit der einzig richtigen Konsequenz geahndet hat: dem Ausschluss aus unserer Partei.“
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    Maskenträger als „Scheißefresser“ beleidigt

    Mittelhaardter Rundschau vom 05.08.2022 Von Christoph Hämmelmann
    Neustadt wollte Ende Mai ein großes Demokratiefest feiern, doch daraus wurde nichts: 2500 „Querdenker“ sprengten die Veranstaltung rund ums Hambacher Schloss. Mittlerweile hat die Schloss-Stiftung dazu eine detaillierte Analyse vorgelegt: Es geht darum, wie sich die Corona-Leugner als Extremisten verraten haben, wer sie angeführt hat und ob Konsequenzen zu ziehen sind.

    Was ist beim Demokratiefest passiert? Die Veranstaltung sollte ans Hambacher Fest von 1832 erinnern und das Schloss als „Wiege der Demokratie“ würdigen. Für den Samstag waren neben einem Unterhaltungsprogramm auch Vorträge und Diskussionsangebote vorgesehen. Bereits am späten Vormittag tauchten erste Kleingruppen weiß gekleideter Menschen auf, am Ende waren es Schätzungen zufolge etwa 2500 Leute aus der „Querdenker“-Szene. Sie hatten Trommeln und Trillerpfeifen dabei, mit denen sie zum Beispiel ein Kindertheater übertönten. Ihretwegen wurde dann zunächst der Bus-Shuttle zum Schloss eingestellt und schließlich das Programm abgebrochen. Das Areal wurde gesperrt, Stände im Außenbereich wurden abgebaut.

    Haben die Veranstalter kapituliert, weil sie den Dialog mit Andersdenkenden scheuten? Die Schloss-Stiftung sagt in ihrer Analyse: Die große Mehrheit der „Weißhemden“ war an Diskussionen nicht interessiert, sie begnügten sich mit höhnischen Fragen. Beim Fest-Forum zum Thema „Bedrohte Freiheiten“ etwa habe ein weiß gekleideter Mann das Wort ergriffen, zwei Minuten lang einen vorbereiteten Text vorgelesen und dabei Putins Angriffskrieg verteidigt. Anschließend sei der Redner einfach weggegangen – und erst nach dem Protest der Podiumsgäste wieder zurückgekehrt, aber ohne sich der Diskussion zu stellen.

    Die Stiftung sagt sinngemäß: Viele „Weißhemden“ haben sich als Extremisten und Verfassungsfeinde enttarnt. Woran macht sie das fest? Zum Beispiel an den Symbolen, die diese Leute präsentiert haben: unter anderem verkehrt herum gezeigte Deutschlandfahnen. Die sind für „Reichsbürger“ ein Zeichen, mit dem sie ihre Verachtung für die Bundesrepublik kundtun. Dazu kommen etwa eine Preußenflagge, eine Reichsflagge, eine weitere schwarz-weiß-rote Fahne und Zeichen der „QAnon“-Bewegung. Deren Anhänger behaupten: Es gebe eine internationale Elite, die Kinder entführe und ermorde, um deren Blut zu trinken.

    Haben die „Weißhemden“ nur solche Symbole gezeigt oder derartige Positionen auch ausgesprochen? Die Stiftung berichtet von verschiedenen Auseinandersetzungen, in denen „Weißhemden“ sich antisemitisch äußerten. Am Stand der Neustadter NS-Gedenkstätte etwa warf jemand den Betreuern vor, einen „Schuldkult“ zu betreiben. Ein weiterer Mann behauptete, die Geschichte des Nationalsozialismus werde falsch dargestellt. Einem Nachfahren jüdischer NS-Opfer wurde zugerufen: „So jemand wie Sie gehört nicht zu Deutschland.“ Andere Leute aus der „Querdenker“-Szene behaupteten: Mit ungeimpften Pflegekräften werde so umgegangen wie mit Juden in der NS-Zeit.

    Wie haben die „Weißhemden“ auf Befürworter der Corona-Politik reagiert? Die Stiftung berichtet: Maskenträger wurden vielfach beleidigt, zum Beispiel als „Scheißefresser“. Geimpfte wurden als „krank“ geschmäht.

    Woher kamen die „Weißhemden“? Längst nicht nur aus der Pfalz. Nach Angaben der Stiftung sind viele Beteiligte auch schon in anderen Regionen bei Demonstrationen gegen die Corona-Politik aufgetreten, haben dort die gleichen Schilder wie in Neustadt gezeigt – etwa bei einer prorussischen Kundgebung in Pforzheim.

    Wie hat die Stiftung das Material für ihre Auswertung gesammelt? Sie stützt sich vor allem auf Filme und Bilder, die „Weißhemden“ selbst ins Netz gestellt haben. Sie waren Ausgangspunkt weiterer Recherchen – etwa zur Frage, was die gezeigten Symbole bedeuten sollen.

    Wer hat die „Weißhemden“ mobilisiert? Etwa einen Monat vorher hatte ein Neustadter Unternehmer bei einer Demonstration für eine Protestaktion in Einheitskleidung beim Demokratiefest geworben. Allerdings gilt dieser Mann als jemand, der nur einen überschaubaren Personenkreis erreicht. Im weiteren Umkreis haben Corona-Leugner wohl eher online von dem Plan erfahren – zum Beispiel über den Telegram-Kanal „Freie Pfälzer“. Die Stiftung sagt: Von dort kamen auch Vorschläge für Parolen, die „Weißhemden“ dann auf ihre Schilder schrieben.

    Welche Konsequenzen zieht die Stiftung? Sie bilanziert: „Zahlreiche Beteiligte haben die Situation und das Auftreten der weiß gekleideten Personen als einschüchternd, bedrohlich sowie aggressiv wahrgenommen.“ So etwas solle sich nicht wiederholen. Also gilt in Zukunft: „Mutwillige Störungen von Veranstaltungen auf dem Schlossgelände werden ebenso wenig geduldet wie Symbole, mit denen die Verachtung gegenüber unserer bundesrepublikanischen Demokratie bekundet wird.“ Konkretere Pläne dazu hat die Stiftung bislang aber noch nicht.

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    Stiftung Hambacher Schloss legt Dokumentation zu den Ereignissen am 28.5.2022 vor

    Die Stiftung Hambacher Schloss hat heute eine Dokumentation zur Ansammlung von rund 2.500 weiß gekleideten Personen aus dem Querdenker-Spektrum im Rahmen der Veranstaltung „1832. Das Fest der Demokratie“ am 28. Mai veröffentlicht. Der Neustadter Unternehmer Dr. Wolfgang Kochanek hatte zu dieser Provokation des Demokratiefestes aufgerufen. Der Hambach-Blog hatte mehrfach darüber berichtet. Im Folgenden dokumentieren wir Ausschnitte aus der Dokumentation und kommentieren diese abschließend
    Vorgeschichte
    Zur Vorgeschichte des Demokratiefestes von Stadt Neustadt und Stiftung Hambacher Schloss heißt es in der Dokumentation der Stiftung: „Am 29. September 2020 hat der Stadtrat von Neustadt an der Weinstraße im Hambacher Schloss einstimmig einen Grundsatzbeschluss zur Profilierung von Neustadt an der Weinstraße als Demokratiestadt verabschiedet. Eines von mehreren damit verbundenen Zielen war es, 2022 mit der turnusmäßigen Ausrichtung eines Demokratiefestes zu beginnen. Am 2. November 2021 wurde das Grobkonzept des für den 28. und 29. Mai 2022 geplanten Demokratiefestes in einer öffentlichen Sitzung des Kulturausschusses der Stadt Neustadt vorgestellt. Innenstadt und Schloss wurden dort als die zentralen Veranstaltungsorte benannt, die durch einen „Freiheitspfad“ verbunden werden sollten. Von Beginn an wurde großer Wert darauf gelegt, zivilgesellschaftliche Initiativen und interessierte Bürgerinnen und Bürger in die Planungen und Umsetzung einzubinden. Von diesem Angebot wurde reger Gebrauch gemacht. Am 19. Januar 2022 hat der Neustadter Unternehmer Dr. Wolfgang Kochanek beim Neustadter Ordnungsamt für den 28. Mai 2022 eine Versammlung mit 30.000 Personen angemeldet, die vom Marktplatz zum Schloss führen sollte – also just jener Zeitpunkt und jene Orte, an denen das Neustadter Demokratiefest stattfinden sollte. Aus nachvollziehbaren Gründen erließ die Stadt eine einschränkende Verfügung, nach der eine Versammlung in jener angemeldeten Größenordnung nicht zeit- und ortsgleich mit dem Neustadter Demokratiefest stattfinden könne, wohl aber am 22. Mai an einem Ort, der jene angemeldete Teilnehmerzahl hätte fassen können. Von dieser Möglichkeit wurde kein Gebrauch gemacht.“ Die Stiftung widerlegt damit im Detail die immer wieder von Kochanek und seinen Anhängern in die Welt gesetzte Behauptung, das Demokratiefest der Stadt sei ins Leben gerufen worden, um Kochaneks „Giga-Demo“ der 30.000 zu verhindern. Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Die von Kochanek und anderen mobilisierte Querdenker-Szene wollte das Demokratiefest von Stadt und Stiftung unterlaufen, missbrauchen und verhindern. Leider ist ihnen das auch in Teilen gelungen. Die großsprecherische Ansage aber, es würden 30.000 bis 50.000, darunter Tausende Unternehmer aus ganz Deutschland am 28.5. sich hinter Herrn Kochanek auf dem Weg zum Hambacher Schloss versammeln, ist allerdings grandios gescheitert. Nicht einmal ein Zehntel sind seinem Aufruf gefolgt.
    Kochaneks Unterstützer: Die sog. Freien Pfälzer
    In der Dokumentation der Stiftung wird auf die Unterstützer von Kochaneks Vorhaben, insbes. die sog. Freien Pfälzer, eingegangen. In der Dokumentation heißt es dazu: „Die insbesondere auf dem bewusst anonymen Telegram-Netzwerk aktiven ‚Freien Pfälzer‘ haben die Idee von Dr. Kochanek frühzeitig aufgegriffen und massiv für eine Teilnahme in weißer Kleidung an der ‚Giga-Demo‘ am 28. Mai geworben. Von ihnen stammen auch die Ideen zur programmatischen Inszenierung in Form von Plakaten mit Aufschriften wie ‚Die Weißen – für Frieden / für unser Grundgesetz / für eine direkte Demokratie‘ etc. …, ein Blick auf die Positionen der ‚Freien Pfälzer‘ [ist] notwendig, um die demokratische Camouflage jener Gruppierung in ihrer öffentlichen Selbstinszenierung zu enttarnen. Hier einige Auszüge aus deren Telegram-Kanälen: – Polizisten sind für sie ‚Handlanger einer faschistischen Hygienediktatur‘. – Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine wird als ‚Bespaßungsprogramm‘ oder als ‚Inszenierung‘ der ‚korrupten‘, ‚kriegstreiberischen‘ Demokratien des Westens bezeichnet. – Als das Hambacher Schloss nach Beginn des russischen Angriffskriegs als Zeichen der Solidarität mit der Ukraine in den Farben Blau und Gelb beleuchtet wurde, werteten ‚Freie Pfälzer‘ dies als ‚Kriegspropaganda‘. – Verschwörungsglaube und antidemokratisches, teilweise antisemitisch grundiertes Gedankengut offenbaren sich in Aussagen wie diesen: ‚Ob der inszenierte Krieg, die Zerstörung der Gesundheit durch die C[orona]-Angstkulisse, die Maßnahmen, die Impfschädigung oder die künstlich erzeugte Inflation: dies alles sind keine natürlichen, sondern von immer denselben, kriminellen und amoralischen Strippenziehern geschaffene Phänomene. Diese hängen selbstverständlich zusammen und dienen alle demselben Ziel: der weiteren Kontrolle und Ausbeutung der Bevölkerung – gesteuert durch Angst, manipuliert durch die Medien, beherrscht von skrupellosen oder absolut ungebildeten und unfähigen Politmarionetten.‘“
    Fahnen und Symbole
    Auch auf die mitgetragenen Fahnen und Symbole der „Weißen“ geht die Dokumentation ein: „So wurden an jenem Samstag von mehreren weiß gekleideten Personen die Deutschlandflaggen verkehrt herum gezeigt – ein insbesondere unter Reichsbürgern häufig genutztes Zeichen ihrer Staatsverachtung. Ferner wurden mehrere Eiserne Kreuze, die Reichsflagge, die Preußenflagge, szenetypische Kleidungsstücke von Rechtsextremisten, eine schwarz-weiß-rote Fahne mit einem in rechtsextremen Kreisen häufig genutzten Slogan sowie Erkennungszeichen der ‚QAnon‘-Bewegung gezeigt. Deren Anhänger verbreiten besonders krude rechtsextreme und antisemitische Verschwörungstheorien, nach denen eine konspirative, international agierende Elite Kinder entführen und ermorden würde, um deren Blut zu trinken.“
    Dialogverweigerung, Provokationen, Pöbeleien, Bedrohungen
    Zum Verhalten von TeilnehmerInnen des weißen Demonstrationszugs auf den Schlossberg wird in der Dokumentation der Stiftung ausgeführt, dass diese an den angebotenen, dialogorientierten Programmen kein Interesse zeigten: „Ein ‚Fest-Forum‘ zum Thema ‚Bedrohte Freiheiten‘ stand – entgegen anderslautenden Falschmeldungen – allen Interessierten offen … Die erste Wortmeldung eines weiß gekleideten Mannes [auf diesem Forum] bestand darin, ein ca. zweiminütiges Pamphlet von seinem Smartphone abzulesen, in dem die „Lügenpresse“ angegriffen und die Rechtmäßigkeit des russischen Angriffskrieges betont wurde. Nach dem Verlesen verließ der Mann den Saal. Erst nach dem Protest der Podiumsgäste kehrte er kurzzeitig zurück, ohne sich der Diskussion zu stellen.“ Dies zeige, es „mangelte nicht an Angeboten zur Diskussion. Vielmehr wurden die vorhandenen Möglichkeiten von Angehörigen der Querdenker-Szene entweder nicht angenommen oder sabotiert.“ An den Ständen des Regionalen Bündnisses gegen Rechts wurde von einer weiß gekleideten Frau geäußert, „Rassismus an sich sei nichts Schlechtes, da er die unterschiedlichen Herkünfte der Menschen zu benennen helfe“. Den Standbetreuern der NS-Gedenkstätte Neustadt wurde vorgeworfen, einen „Schuldkult“ zu betreiben. Die Impfpflicht in Pflegeberufen sei identisch mit der Ausgrenzung der Juden in der Zeit des Nationalsozialismus. Die Stiftung hält weiter fest: „Wer mit mehreren Dutzend Trommeln und Trillerpfeifen zu einer Veranstaltung anreist, tut dies einzig mit dem Ziel, diese Veranstaltung zu stören. Dies ist den Akteuren leider gelungen. Das Kindertheater ‚Panthea. Hüterin der Zeitreisenden‘ und das Theaterstück ‚Die Mainzer Republik – frei leben oder sterben‘ wurden von der Lärmkulisse immer wieder übertönt. Der französische Musiker Claude Bloch musste seinen Auftritt nach wenigen Minuten abbrechen. Er war als Zeichen der deutsch-französischen Freundschaft eigens aus Neustadts Partnerstadt Mâcon angereist.“ Das Programmangebot auf dem Schlossberg musste aufgrund dieser Ansammlung und des Verhaltens von Teilnehmenden der Weißen abgebrochen werden . Nachdem dann gegen 16:40 die auf dem Wendehammer direkt unterhalb des Schlosses versammelten Weißen auf das Schloss gelassen wurden, „wurde seitens der Stiftung beschlossen, alle für den Samstagnachmittag und -abend vorgesehenen Mitmach- und sonstigen Programmangebote abzubrechen bzw. nicht mehr durchzuführen.“ Die Stiftung entschuldigt sich in diesem Zusammenhang bei den Mitwirkenden am Demokratiefest dafür, diese „nicht in der für jene Situation eigentlich erforderlichen Unmittelbarkeit informiert“ zu haben. Sie begründet den Abbruch aller Aktiviäten mit der Gefahr der Eskalation des Geschehens, vielfach sei von weiß gekleideten Personen von der „Stürmung des Schlosses“ gesprochen worden. „Insbesondere auf der von der NS-Gedenkstätte und dem Regionalen Bündnis gegen Rechts genutzten Außenterrasse kam es in der Folge zu beschämenden Übergriffen. Von der oberhalb gelegenen Panoramaterrasse wurden Mitglieder des Bündnisses vereinzelt mit Müll beworfen. Einem Standmitarbeiter der NS-Gedenkstätte wurde zunächst vorgehalten, ‚die toten Juden würden sich im Grab rumdrehen, wenn sie wüssten, wie der Staat mit uns Impfgegnern umgeht.‘ Am Ende des Disputs wurde ihm – selbst Nachfahre von jüdischen Opfern des Nationalsozialismus – zugerufen: ‚So jemand wie Sie gehört nicht zu Deutschland‘. Auch auf dem Neustadter Demokratiefest zeigte sich somit wie im gesamten Bundesgebiet, dass im Spektrum der Coronaleugner antisemitische Überzeugungen vorhanden sind und offen artikuliert werden.“
    Verachtung der Demokratie
    Die Stiftung Hambacher Schloss zieht zu den Ereignissen am 28.5. das folgende Resümee: „In einer erschreckenden und auf dem Hambacher Schloss noch niemals dagewesen Anzahl wurden an jenem Samstag rote Linien überschritten. Um die strafrechtlich relevanten Überschreitungen kümmern sich Polizei und Staatsanwaltschaft. Doch es gibt auch rote Linien des sozialen Umgangs und des gegenseitigen Respekts. Wer dazu aufruft, ein für alle Bürgerinnen und Bürger offenstehendes Demokratiefest zu stören, wer es dazu missbraucht, seine Verachtung für die bundesrepublikanische Demokratie nach außen zu tragen, wer Andersdenkende diffamiert, antisemitisch beschimpft und anpöbelt, dem geht es nicht um die Verteidigung einer vermeintlich bedrohten Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Wer sich unter den Weißgekleideten zur Mitte der Gesellschaft zählt, muss sich die Frage stellen, ob er oder sie weiterhin bereit ist, sich vor den Karren einer zunehmend radikalen Minderheit spannen zu lassen, die vordergründig „Frieden“ und „Freiheit“ propagiert, deren Positionen aber von Verachtung für die Demokratie und deren Werte geprägt ist.“ Die Dokumentation basiert auf einer Auswertung von 20 Augenzeugenberichten von unmittelbar Beteiligten bzw. Betroffenen sowie auf einer intensiven Auswertung des umfassenden, von weiß gekleideten Personen hochgeladenen Video- und Fotomaterials. Die vollständige Dokumentation ist von der Website des Hambacher Schlosses abrufbar.
    Kommentar und offene Fragen
    Für die Aufarbeitung der Ereignisse vom 28.5.2022 ist die jetzt vorgelegte Dokumentation der Stiftung Hambacher Schloss ein wichtiges, begrüßenswertes Dokument. Den engagierten MitarbeiterInnem der Geschäftsstelle der Stiftung ist für diese gründliche Arbeit zu danken. Wünschenswert wäre gewesen, wenn in einem Anhang die Augenzeugenberichte im Original aufgenommen sowie Fotos und Screenshots aus den Social-Media-Kanälen der Weißen ergänzt worden wären. Problematisch ist die Doppelfunktion von Roger Lewentz, der einerseits Vorsitzender der Stiftung Hambacher Schloss und damit Herausgeber der Dokumentation ist und andererseits als Innenminister für den Polizeieinsatz am 28.5. verantwortlich ist. Aus der in der Dokumentation enthaltenen Formulierung zum Polizeieinsatz spricht eher der Innenminister als der Vorsitzende der Stiftung. Es heißt dort: „Das aus Sicht der Stiftung jederzeit besonnene Agieren von Polizei und Stadtverwaltung wird in dieser Dokumentation nicht thematisiert.“ Der Satz selbst ist schon widersprüchlich, weil er einerseits wertend das „besonne Agieren“ postuliert und andererseits eine Thematisierung des Polizeieinsatzes negiert. Zu diesem Polizeieinsatz gibt es aber mehr offene Fragen als klare Antworten: Warum haben die Ordnungsbehörde und die Polizei den nicht angemeldeten Zug der „Weißen“ vom Marktplatz zum Hambacher Schloss zugelassen, wo klar war, dass die „Stürmung des Schlosses“ deren Ziel war? In diesem Zusammenhang wäre interessant zu wissen, was Kochanek und OB Weigel in einem vertraulichen Vier-Augen-Gespräch wenige Tage vor dem 28.5. besprochen haben. Kochanek erwähnt dieses Treffen mit dem OB in einer informellen Diskussion am 30.6. auf dem Schloss. Hat dieses Treffen überhaupt stattgefunden oder wird es nur von Kochanek behauptet? Was war Anlass und Ziel dieses Treffens? Warum wurden die „Weißen“ auf dem Wendehammer direkt unterhalb des Schlosses zunächst mit der völlig falschen Behauptung aufgehalten, das Schlossgelände sei überfüllt, und dann, nachdem der Innenminister u.a. „Prominente“ abgezogen waren, doch auf das Schlossgelände gelassen mit den absehbaren Folgen, die in der Dokumentation beschrieben werden? Warum war die Polizei auf dem Schloss mehr damit beschäftigt eine harmlose Sitzblockade aus dem Umfeld der „Omas gegen Rechts“ zu räumen anstatt die Mitwirkenden am Programm der Stiftung gegen Übergriffe durch die Weißen zu schützen? Und wie konnte die Stadt Neustadt und das Polizeipräsidium Rheinpfalz am Abend des 28.5. in einer gemeinsamen Presseerklärung mitteilen: „Das Demokratiefest und auch die Versammlung verliefen friedlich. Die Stadt Neustadt und das Polizeipräsidium ziehen somit insgesamt eine positive Bilanz. Bis auf Beeinträchtigungen für den Straßenverkehr kam es zu keinen besonderen Vorkommnissen“? Betroffene hatten Anzeigen u.a. wegen Beleidigung gestellt. In der Dokumentation der Stiftung ist dazu zu lesen, dass sich Polizei und Staatsanwaltschaft um „die strafrechtlich relevanten Überschreitungen kümmern“. Allerdings wurde in den Medien am 30.7. mitgeteilt, dass die zuständige Staatsanwaltschaft Frankenthal die Ermittlungen rund um das Geschehen beim Demokratiefest am Hambacher Schloss fast komplett eingestellt habe. Die beschuldigten Personen konnten, so die Staatsanwaltschaft, nicht zweifelsfrei identifiziert werden, oder es sei der Vorsatz bei der „mutmaßlichen Verunglimpfung des Staates“ schwer nachzuweisen. Zu diskutieren ist, ob das Demokratiefestes, das als Auftakt für eine Reihe von Demokratiefesten bis zum 200. Jahrestag des Hambacher Festes 2032 gedacht war, nicht zu ambitioniert und zu überdimensioniert konzipiert war. Allein die beiden Zentren des Demokratiefestes, das Schloss und der Marktplatz in der Innenstadt, sowie der „Freiheitspfad“ dazwischen band viele Personen aus der engagierten Neustadter Zivilgesellschaft und bot viele Angriffspunkte für „Störer“. Ein Gegengewicht gegen die „Wir-leben-in-einer-Diktatur“-Szene Kochaneks war so schwer aufzubauen. Selbstkritisch ist einzugestehen, dass die zivilgesellschaftlichen Kräfte der Region zu schwach waren, um dem Aufmarsch der „Weißen“ machtvoll etwas entgegen zu setzen. Das Programm von „Gesicht zeigen – Demokratie leben“ auf dem Marktplatz in Neustadt hat zwar dem ursprünglichen Marktplatzprogramm der Stadt, das in erster Linie der Unterhaltung des Publikums huldigte, eine deutliche politische Botschaft gegeben, und konnte ungestört und erfolgreich durchgeführt werden. Dadurch waren die „bunten“ demokratischen Kräfte allerdings zwischen Innenstadt und Schloss zersplittert. Und leider ist festzustellen, dass leichter ein massenhafter Anti-Rechts-Protest mobilisiert werden kann, wenn 20, 30 Neonazis und stramme Rechtsextremisten eine öffentliche Kundgebung abhalten wollen, wie kürzlich in Mainz geschehen, als wenn aus der bürgerlichen Mitte einige Tausend Querdenker das Neustadter Demokratiefest zum teilweisen Abbruch provozieren. Ulrich Riehm, Freundeskreis Hambacher Fest von 1832
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    Stellungsname des VVN-BDA zum „Marsch aufs Schloss“

    VVN-BDA Logo

    Neustadt und Zwickau: Kapitulation vor den Feinden der Demokratie

    Als „Marsch aufs Schloss“ wurde die Störung des Neustädter Demokratiefestes auf dem Hambacher Schloss vom 28. Mai über Querdenker-Kanäle auf Telegram angekündigt. Aufgerufen dazu hatten u.a. der Unternehmer Wolfgang Kochanek, der bei Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen auftritt, der AfD-Kreisverband Neustadt und die „Freien Pfälzer“. Eine angemeldete Demonstration war nicht erlaubt worden, die Polizei war vor Ort gut aufgestellt und hinderte die dennoch mobilisierten „Weißgekleideten“ zunächst am Zutritt zum Fest. Allerdings nur solange, wie geladene Gäste an der Eröffnung teilnahmen. Kaum hatten diese das Fest verlassen, wurde die rechte Demonstration „spontan“ genehmigt. Aktive der Gedenkstätte für NS-Opfer in Neustadt und des Bündnisses gegen Rechts, deren Stände auf der Schlossterrasse aufgestellt waren, wurden aus einer Menge von 3.000 mit Deutschland- und Reichsbürgerfahnen ausgerüsteten Impfgegner*innen, Verschwörungsideolog*innen und Neonazis – aus deren Reihen antisemitische und holocaustrelativierende Parolen zu hören waren – heraus beleidigt, mit Müll beworfen und mussten auf Drängen der Polizei ihre Stände abbauen, um die Weißgekleideten „nicht zu provozieren“. Die Gedenkstätte entschied sich deshalb, am zweiten Tag des Festes nicht mehr teilzunehmen und begründete dies gemeinsam mit dem DGB, der zum Trägerkreis gehört, in einer Pressemitteilung. Das Regionale Bündnis gegen Rechts Neustadt bezeichnet das Fest in einer Stellungnahme als gescheitert. Stadt und Polizei hingegen sprechen in Zusammenhang mit einer rechten Demonstration, aus der Antifaschist*innen bedroht und die Erinnerung an die Opfer von Nazi-Terror und Holocaust als „Provokation“ abgedeckt werden muss, von „gelebter Demokratie“. Das ist eine zynische Verdrehung der Tatsachen. Statt zu einem Zeichen demokratischer Stärke wurde das Fest in Neustadt zu einem Musterbeispiel der Kapitulation vor den Feinden der Demokratie. Zu einem ähnlichen Fall kam es in der Stadt Zwickau. Dort hatte die Stadt – endlich wieder nach zwei Jahren – das interkulturelle Fest „Zwikkolör“ geplant und vorbereitet. Dann beanspruchten Querdenker*innen aus dem Umfeld der „freien Sachsen“ kurzfristig den Hauptmarkt, wo das Fest stattfinden sollte, für sich. Den von der Stadt als Ersatz angebotenen Kornmarkt lehnten sie ab und klagten. Das Verwaltungsgericht entschied: Eine Demonstration sei vom Grundgesetz geschützt, eine Fest-Veranstaltung nicht, „Zwikkolör“ musste weichen. Ein fragwürdiges Urteil, ist doch sonst jeder Weihnachtsmarkt oder Rummel Grund für die Änderung von Demonstrationsrouten. Die Stadt sagte das Fest ab, bevor sie Widerspruch gegen das Urteil einlegte und entzog diesem damit selbst die Grundlage. Vorfälle wie in Neustadt und Zwickau zeugen von skandalöser Verharmlosung rechter Bewegungen durch die Behörden. Polizei, Justiz und Stadtverwaltungen überlassen ihnen den öffentlichen Raum und engen damit gleichzeitig den Bewegungsspielraum für demokratische Kultur und Aktion ein. Wir sind mit allen solidarisch, die sich dieser fatalen Entwicklung entgegenstellen und werden weiter für eine lebendige antifaschistische und demokratische Gesellschaft kämpfen.
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    Stiftung setzt Löschung der Marke „Neues Hambacher Fest“ durch

    Auf Antrag der Stiftung Hambacher Schloss hat das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) die Wortmarke „Neues Hambacher Fest“ in vollem Umfang für nichtig erklärt und gelöscht. Dies hat das DPMA in seinem Markenblatt-Heft 37/2021 am Freitag mitgeteilt, wie das rheinland-pfälzische Innenministerium informierte. „Für Deutschland, aber insbesondere für uns in Rheinland-Pfalz, steht das Hambacher Fest als Inbegriff für Freiheit, Einheit und Demokratie. Einer Vereinnahmung dieser demokratiegeschichtlichen Tradition durch Rechtskonservative muss widersprochen werden“, begrüßte Innenminister Roger Lewentz, Vorstandsmitglied der Stiftung Hambacher Schloss, die Entscheidung des DPMA. Seit der Regierungsbildung im Mai ist er als Minister zuständig für das Kulturelle Erbe des Landes. Im März 2018 hatte der Vorsitzende der rechtskonservativen „Werteunion“ Max Otte durch eine von ihm geführte Firma die Wortmarke im Markenregister eintragen lassen. Unter der Bezeichnung „Neues Hambacher Fest“ wurden seither wiederholt rechtspopulistische Veranstaltungen auf dem Hambacher Schloss und in Neustadt durchgeführt. Die Stiftung Hambacher Schloss begrüßt die Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts: „Als Stiftung Hambacher Schloss empfänden wir es als anmaßend und irreführend, wenn unter dem Titel ,Neues Hambacher Fest’ weiter rechtspopulistische Veranstaltungen durchgeführt würden“, so Vorstandsmitglied Lewentz. „Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts bestärkt uns in unserem Bestreben, das historische Hambacher Fest von 1832 vor einer politisch motivierten Vereinnahmung zu schützen und das Hambacher Schloss als offenen, demokratischen Lern- und Veranstaltungsort weiter zu stärken.“ Im Mai hatte die Stiftung Hambacher Schloss bereits ein umfassendes Maßnahmenpaket zur „Stärkung des Hambacher Schlosses als Ort der Demokratiegeschichte“ veröffentlicht. Veranstaltungen auf dem Gelände der Stiftung haben demnach auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik zu erfolgen. Extremistische, rassistische, antisemitische oder antidemokratische Inhalte sind untersagt.
  • Hambacher Schloss

    Stiftung Hambacher Schloss stellt sich gegen rechte Versuche zur Vereinnahmung des Hambacher Festes

    10.05.2021. Die Stiftung Hambacher Schloss hat ein Maßnahmenpaket zur „Stärkung des Hambacher Schlosses als Ort der Demokratiegeschichte“ verabschiedet, mit dem sie ein Zeichen setzt gegen die Versuche der Vereinnahmung des Hambacher Festes und für eine von Respekt und Toleranz getragene Auseinandersetzung mit unserer Demokratie und ihrer Geschichte. Der Vorstandsvorsitzende der Stiftung Hambacher Schloss und rheinland-pfälzische Kulturminister Konrad Wolf stellte die Maßnahmen am 10. Mai der Öffentlichkeit vor. Sie zielen darauf ab, den Demokratie-Ort Hambacher Schloss zu stärken und der politisch motivierten Vereinnahmung des Hambacher Festes von 1832 zu widersprechen.

    „Das Hambacher Schloss ist seit dem Hambacher Fest 1832 ein Symbol der deutschen und europäischen Demokratie- und Freiheitsgeschichte. In unserem neuen Leitbild dokumentieren wir unser Bekenntnis zu diesem historischen Erbe. Zugleich weisen wir darin menschenfeindliche, antidemokratische und chauvinistische Anschauungen zurück“, so der Stiftungsvorsitzende. „Mit Sorge beobachten wir, wie in jüngster Zeit das Hambacher Fest, aber auch das Gedenken an andere Ereignisse und Personen der deutschen Geschichte von rechtspopulistischen, teilweise nationalistischen Kräften vereinnahmt wird. Hierbei ist eine Tendenz zur Enthemmung zu beobachten, die jeden Respekt vor der Geschichte und auch ihren Opfern vermissen lässt. In einer mit unserem Beirat abgestimmten Stellungnahme widersprechen wir einer solchen, rein politisch motivierten Vereinnahmung unserer Geschichte. Daher haben wir bereits rechtliche Schritte eingeleitet, um die Nutzung des Namens „Neues Hambacher Fest“ für diese Form der politischen Veranstaltungen zu untersagen. Zudem werden wir als Vorstand – notfalls mit rechtlichen Mitteln – die Durchführung von solchen Veranstaltungen zu verhindern versuchen, die dem Geiste dieses Ortes sowie der Satzung und dem Leitbild unserer Stiftung offen widersprechen.“

    Laut geänderter Satzung vom 15. Dezember 2020 muss die Nutzung des Hambacher Schlosses dem friedlichen, freiheitlichen und solidarischen Geist des Hambacher Festes und der freiheitlich demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland entsprechen. Eine neue Besucherordnung untersagt ferner die Durchführung von Veranstaltungen mit extremistischen, rassistischen, antisemitischen oder antidemokratischen Inhalten; ebenso ist es untersagt, in Wort, Schrift oder Gesten die Freiheit und Würde des Menschen verächtlich zu machen. Diese Besucherordnung gilt auch für sämtliche auf dem Schlossgelände stattfindenden Veranstaltungen.

    Bereits im vergangenen Jahr hatte die Stiftung Hambacher Schloss die Stelle eines wissenschaftlichen Mitarbeiters neu eingerichtet. So zeichnet der Historiker Kristian Buchna für die Bereiche Ausstellung, Veranstaltungen, Forschung und Vermittlung federführend verantwortlich und stärkt damit insbesondere die Programmarbeit als Teil jenes Maßnahmenpakets. Beim Pressegespräch unterstrich Buchna die Bedeutung des Erinnerns sowohl an die historischen Wurzeln als auch an die europäische Einbettung der Demokratie in Deutschland. Umso bedenklicher sei es, mit ahistorischen Vergleichen die freiheitliche Demokratie und ihre Träger zu delegitimieren. „Unsere Programmarbeit zielt darauf ab, die Verbundenheit mit unserer Demokratie in der kontroversen Auseinandersetzung mit ihrer Geschichte und Gegenwart zu stärken. So werden wir etwa in unseren ‚Hambacher Gesprächen‘ über den Wert der Geschichte für unsere Demokratie diskutieren“, so Buchna. Ferner werden gemeinsam mit ‚Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V.‘ Workshops sowohl für Schülerinnen und Schüler als auch für die Mitarbeitenden der Stiftung durchgeführt, in denen es um den Umgang mit Hassbotschaften und ausgrenzenden Äußerungen geht. Den Rahmen dieser Veranstaltungen bildet die Demokratiewoche der Stadt Neustadt an der Weinstraße, die vom 12. bis 16. Juli 2021 stattfinden wird.

    Abschließend betonte der Stiftungsvorsitzende Wolf: „Das Hambacher Schloss ist und bleibt ein offener, demokratischer Erinnerungs-, Lern und Diskussionsort für alle Bürgerinnen und Bürger. Wir als Stiftung werden uns mit Nachdruck dafür einsetzen, dass auf dem Hambacher Schloss keine Veranstaltungen stattfinden, die dem demokratischen und europäischen Geist dieses Ortes offen widersprechen.“

    Hintergrund des Maßnahmenpakets sind die in der Vergangenheit auf dem Hambacher Schloss durchgeführten rechtspopulistischen Veranstaltungen, die unter anmaßenden und irreführenden Bezeichnungen das Erbe des Hambacher Festes für sich zu reklamieren versuchten.

  • Hambacher Schloss

    Rückzug von Max Otte

    Mittelhaardter Rundschau vom 12.11.2020

    Der Kölner Finanzökonom Max Otte wollte sich die Mitgliedschaft in der Hambach-Gesellschaft erstreiten. Das Amtsgericht Neustadt hatte beide Seiten angehört – braucht allerdings nun doch kein Urteil mehr zu fällen.

    Von Ali Reza Houshami
    Der Kölner Finanzökonom Max Otte ist in Neustadt kein Unbekannter. 2018 und in den beiden Folgejahren hatte er ein „Neues Hambacher Fest“ im Schloss und im Saalbau veranstaltet. Ereignisse, die in der Öffentlichkeit für Aufsehen und kritische Stimmen sorgten. So wurde etwa befürchtet, dass der geschichtsträchtige Ort für fremde Zwecke missbraucht wird. Dass ausgerechnet an der Wiege der deutschen Demokratie ein rechtes Bündnis geschmiedet werden soll. Jenem Max Otte hatte die Hambach-Gesellschaft die Mitgliedschaft verweigert. Weil der Betroffene die Entscheidung des Historiker-Vereins nicht akzeptieren wollte, zog er vor Gericht. Nach dem ersten Verhandlungstermin vor dem Amtsgericht Neustadt Mitte Oktober sollte gestern das Urteil gefällt werden. Und damit die Frage beantwortet werden, ob es unrechtmäßig war, ihn nicht beitreten zu lassen. Doch der Termin wurde abgesagt. Denn der Kölner hat in der Zwischenzeit seine Klage zurückgezogen. Otte hat einen anderen Weg gefunden, um sich in den im Jahr 1986 gegründeten Verein einzubringen. Indem er nämlich für das Jahrbuch der Hambach-Gesellschaft einen Beitrag zu den Themen Meinungsfreiheit und Hambacher Fest verfasst. Damit sind beide Seiten sehr zufrieden, wie Otte auf Anfrage der RHEINPFALZ mitteilt.Der Unternehmer ist somit auf ein Angebot eingegangen, welches ihm der Vereinsvorsitzende Wilhelm Kreutz bereits beim Verhandlungstermin vorgeschlagen hatte. Mit dem Beitrag zum Jahrbuch habe auch er eine Chance, sich am Diskurs über das Hambacher Fest und die historische Stätte zu beteiligen, ohne Mitglied im Verein zu sein. „Es gibt jedoch keinerlei Zusammenhang zwischen diesem Angebot und seiner Klagerücknahme und deshalb auch keine diesbezügliche Einigung“, stellt Kreutz klar.Wie dem auch sei: Die Hambach-Gesellschaft kann jedenfalls ein Kapitel schließen, das sie lange Zeit beschäftigt und zu zwei gerichtlichen Auseinandersetzungen geführt hatte. Vergangenes Jahr hatte das Amtsgericht zwei Klagen von Personen abgewiesen, die sich den Vereinsbeitritt erstreiten wollten.Die Kläger warfen der Hambach-Gesellschaft jedes Mal vor, eine Monopolstellung zu missbrauchen. Die Entscheidung des Vorstandes schien ihnen zudem willkürlich erfolgt zu sein. Die Vereinsverantwortlichen wehrten sich: Sie rechtfertigten ihre Beschlüsse damit, dass sie eine Unterwanderung des Vereins befürchteten und deshalb die Anträge ablehnten. Das Amtsgericht kam damals zum Urteil, dass ein Verein Autonomie genieße und von einer Monopolstellung keine Rede sein könne. Es gebe andere Foren, in denen sich mit der Materie des Hambacher Festes befasst werden könne. Zudem lasse die Begründung des Vorstandes nicht auf Willkür schließen. Einer der beiden Kläger, ein 77-Jähriger aus Villingen-Schwenningen, ging in Berufung beim Landgericht Frankenthal. Doch auch dort hatte er keinen Erfolg. Die Berufung wurde zurückgewiesen. Die juristischen Schritte waren ausgeschöpft.Dass bei der Klage von Otte das Urteil vermutlich nicht anders lauten würde, hatte die Richterin bereits bei der Verhandlung Mitte Oktober angedeutet.